
Durch den Filter der Malerei Jozef Melicherciks destilliert sich eine Archäologie der Gegenwart. In Gesichtern von Porträtierten oder Menschengruppen stößt man auf eine zeitgenössische Geschichte von Posen und Gesten, eine Philologie vertrauter Ausdrücke und Insiderwissen. Doch wie Fotoalben scheinen die Gemälde gleichzeitig zu wenig und zu viel zu verraten. Es ist die Suche nach der Verbindlichkeit der Malerei, seiner unbestreitbaren Aussagekraft und seiner Konkurrenz zu Fotografie, Film und digitalen Bildern, die den Künstler antreibt. Der Blick des Künstlers gilt der ausgedehnten Erscheinung eines Augenblicks – einer beinahe versteinerten Epiphanie des Alltäglichen zwischen frivoler Vielfältigkeit des Lebens und Ernsthaftigkeit der Malerei. Die Bildfindungen rufen beim Betrachtenden nicht selten ein Déja-Vu-Erlebnis hervor, können aber auch Rätsel aufgeben.
Stefan-Maria Mittendorf M.A.
Kunsthistoriker/Kurator für zeitgenössische Kunst